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Wirtschaft/Klimaschutz/Umfrage (ots) - Halle - Bei ihren Sommerurlaubsplänen achten laut einer Umfrage nur wenige Deutsche auf den Klimaschutz. Lediglich für eine Minderheit von 16 Prozent spielen Klimaschutzaspekte eine größere Rolle, ergab eine Umfrage des Erfurter Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag des Kemb-Forums.
41 Prozent der Befragten gaben dagegen an, dass solche Überlegungen kaum eine Rolle spielen. 38 Prozent wollen auf den Sommerurlaub ganz verzichten, fünf Prozent machten keine Angaben. "Das Klimabewusstsein ist im Urlaub nicht allzu hoch", sagte Kemb-Vorstandsvorsitzender Martin Neumann der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Donnerstag-Ausgabe). Nach seinen Angaben ist eine Mehrheit der Deutschen laut Umfrage aber bereit, Flugreisen aus Klimaschutzgründen einzuschränken. Eine verminderte Nutzung des Autos wird dagegen überwiegend abgelehnt. In der Zeit vom 23. bis 26. Juni befragte Insa 2.004 Personen in Deutschland.
Das Forum für Klima, Energie, Mobilität und Bauen (Kemb-Forum) mit Sitz in Berlin sieht sich als Denkfabrik, die unter anderem die Akzeptanz der Energiewende untersuchen lässt. "Gerade der Streit um das unausgereifte Heizungsgesetz in den vergangenen Monaten hat der Bereitschaft für Klimaschutz in der Bevölkerung geschadet", sagt Neumann, der bis 2021 an der Hochschule Magdeburg-Stendal Technische Gebäudeausrüstung unterrichtet hat. Zudem saß er acht Jahre für die FDP im Bundestag und war im Verbraucherschutz engagiert. Das Kemb-Forum wird unter anderem von den Leipziger Stadtwerken und dem Biosprit-Hersteller Verbio aus Zörbig (Anhalt-Bitterfeld) unterstützt.
Frankfurter Rundschau
Die Mehrheit stimmt der Energie- und Verkehrswende zu, beklagt aber finanzielle Belastung
Von JOACHIM WILLE, Montag 10. Juli 2023, Nr. 157
Das Jahr 2019 schien den großen Umschwung für eine aktive Klimapolitik zu bringen. Die „Fridays for Future“-Bewegung brachte Millionen Menschen auf die Straße. Im Jahr 2021 folgte ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts, und die damalige Bundesregierung von Union und SPD verschärfte den CO2-Einsparkurs mit dem Ziel Klimaneutralität 2045. Doch durch die Coronapandemie und den Ukraine-Krieg rutschte die Klimakrise in der Priorität ab. Aber trotz dieser Umwälzungen: Der Wunsch nach einer ambitionierten Klimapolitik ist unter den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin stark, wie Umfragen zeigen. Sie zweifeln allerdings zunehmend am politischen Willen, dies auch umzusetzen, und ebenso daran, dass die nötige Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft sozial gerecht gestaltet wird.
Die Deutschen stimmen laut einer aktuellen Befragung trotz vieler Unsicherheiten der Energie- und Verkehrswende mehrheitlich weiterhin zu. Für 41 Prozent der Befragten hat das Thema Klimaschutz sogar an Bedeutung gewonnen, für elf Prozent ist es durch die Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs unwichtiger geworden. Ein großer Anteil der Bürger:innen (48 Prozent) favorisiert dabei allerdings Lösungen, die sowohl zum Klimaschutz beitragen als auch die finanziellen Auswirkungen der gestiegenen Energiepreise abmildern. Das zeigt das aktuelle „Soziale Nachhaltigkeitsbarometer“, das Forsa im Rahmen des vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts Ariadne erarbeitet hat.
Dabei handelt es sich um eine jährliche repräsentative Befragung von deutschlandweit über 6500 Personen zu Themen der Energie- und Verkehrswende. Ein Großteil der Bürger:innen und Bürger hat laut der Befragung sein Verhalten geändert, um Energie zu sparen und den Klimaschutz zu unterstützen. Entsprechend wachsen auch die privaten Investitionen in klimafreundliche Technologien. So ist der Anteil der Auto-Käufer:innen, die sich für E-Autos entschieden, deutlich angestiegen, ebenso der Anteil der Personen, die angeben, privat Solaranlagen installiert zu haben. Allerdings: Für eine deutliche Mehrheit ist das CO2-Einsparpotenzial im eigenen Haushalt ausgeschöpft, und für knapp die Hälfte sind Investitionen zum Beispiel in E-Mobilität aktuell nicht machbar. Das korrespondiert damit, dass die Bürger:innen mehr Handlungsverantwortung bei der Politik und der Industrie sehen. Die Befragten kritisieren mehrheitlich, die Kosten für grüne Energie seien zu hoch. Die Protestaktionen von verschiedenen Klimaaktivist:innen werden übrigens eher kritisch bewertet. Mehr als die Hälfte (59 Prozent) hat für die Aktionen (eher) kein Verständnis. Zudem befürchten rund zwei Drittel der Befragten (64 Prozent), dass die Proteste die gesellschaftliche Unterstützung für mehr Klimaschutz gefährden. Die Co-Autorin des Barometers, Benita Ebersbach vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS), sagte: „Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich eine gerechte Verteilung der Lasten, die durch die Energie- und Verkehrswende entstehen.“ Dabei gehe es ihnen nicht nur generell um einen finanziellen Ausgleich von Kosten, sondern auch darum, bei der Verkehrswende nicht abgehängt zu werden. Dass der monatelange heftige Streit über das Gebäudeenergiegesetz hier ziemlich kontraproduktiv war, liegt auf der Hand. Eine weiter aktuelle Umfrage, in Auftrag gegeben vom Forum für Klima, Energie, Mobilität und Bauen (Kemb-Forum, Sitz Berlin), belegt das. Die Klimapolitik der Bundesregierung wird von einer Mehrheit negativ beurteilt, obwohl der größte Teil persönlich bereit ist, sich im Kampf gegen die Erderwärmung – mit Ausnahme beim Fleischkonsum – einzuschränken. Allerdings wollen etwa 50 Prozent der Befragten nicht mehr Geld für den Klimaschutz ausgeben. „Gerade der Streit um das unausgereifte Heizungsgesetz in den vergangenen Monaten hat der Bereitschaft für Klimaschutz in der Bevölkerung geschadet“, sagt Kemb-Vorstandsvorsitzender Martin Neumann dazu in einem Interview. Das Forum ist eine Denkfabrik, die unter anderem die Akzeptanz der Energiewende untersuchen lässt. Für die Umfrage hat das Insa-Institut Ende Juni 2004 Personen befragt. Der Thinktank wird unter anderem von den Leipziger Stadtwerken und dem Biosprit Hersteller Verbio unterstützt. Klar wurde in der Umfrage auch: Bei ihren Sommerurlaubsplänen achten nur wenige Deutsche auf den Klimaschutz. Nur für eine Minderheit von 16 Prozent spielen Klimaschutzaspekte eine größere Rolle, 41 Prozent sagten Nein dazu. Immerhin ist eine Mehrheit laut der Umfrage aber grundsätzlich bereit, Flugreisen aus Klimaschutzgründen einzuschränken. Eine verminderte Nutzung des Autos wird dagegen überwiegend abgelehnt. 38 Prozent fahren übrigens nicht in den Sommerurlaub, fünf Prozent machten keine Angabe.
Mitteldeutsche Zeitung
Von Steffen Höhne/05.07.2023
Halle/MZ - Bei ihren Sommerurlaubsplänen achten laut einer Umfrage nur wenige Deutsche auf den Klimaschutz. Lediglich für eine Minderheit von 16 Prozent spielen Klimaschutzaspekte eine größere Rolle, ergab eine Umfrage des Erfurter Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag des Kemb-Forums.
41 Prozent der Befragten gaben dagegen an, dass solche Überlegungen kaum eine Rolle spielen. 38 Prozent wollen auf den Sommerurlaub ganz verzichten, fünf Prozent machten keine Angaben. „Das Klimabewusstsein ist im Urlaub nicht allzu hoch“, kommentiert Kemb-Vorsitzender Martin Neumann die Umfrage. Nach seinen Angaben ist eine Mehrheit der Deutschen laut Umfrage aber bereit, auf Flugreisen aus Klimaschutzgründen zu verzichten. Eine verminderte Nutzung des Autos wird dagegen überwiegend abgelehnt.
In der Zeit vom 23. bis 26. Juni befragte Insa 2.004 Personen in Deutschland. Nach Neumanns Angaben zeigte die Befragung, dass die Höhe des Haushaltseinkommens sich kaum auf die Bereitschaft zum Klimaschutz im Urlaub auswirkt. Es gibt laut Neumann aber ein hohes soziales Gefälle in dem Punkt, wer sich Urlaub leisten kann. „Je geringer das Haushaltsnettoeinkommen der Befragten, desto häufiger haben sie keine Sommerurlaubspläne“, sagte er. 37 Prozent der Haushalte mit einem monatlichen Einkommen zwischen 2.000 und 3.000 Euro wollen demnach nicht in den Urlaub fahren. Bei Haushalten mit mehr als 4000 Euro Monatseinkommen gaben das nur 19 Prozent an. „Schon immer gab es dieses soziale Gefälle, doch durch die hohe Inflation und teure Energie wird es noch verstärkt“, interpretiert Neumann die Daten.
Das Forum für Klima, Energie, Mobilität und Bauen (Kemb-Forum) mit Sitz in Berlin sieht sich als Denkfabrik, die unter anderem die Akzeptanz der Energiewende untersuchen lässt. „Gerade der Streit um das unausgereifte Heizungsgesetz in den vergangenen Monaten hat der Bereitschaft für Klimaschutz in der Bevölkerung geschadet“, sagt Neumann, der bis 2021 an der Hochschule Magdeburg-Stendal Technische Gebäudeausrüstung unterrichtet hat. Zudem saß er acht Jahre für die FDP im Bundestag und war im Verbraucherschutz engagiert. Das Kemb-Forum wird unter anderem von den Leipziger Stadtwerken und dem Biosprit-Hersteller Verbio aus Zörbig (Anhalt-Bitterfeld) unterstützt.
Handelsblatt
Von Silke Kersting und Klaus Stratmann, Montag, 12. Juni 2023, Nr. 110
In der Wirtschaft wächst angesichts des anhaltenden Gezerres der Ampelkoalition um das Gebäudeenergiegeetz (GEG) der Unmut. „Die Politik steht vor schweren Entscheidungen, aber diese müssen jetzt getroffen werden“, sagte Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung Klimawirtschaft, dem Handelsblatt. In der Stiftung haben sich Unternehmen aus vielen Branchen der deutschen Wirtschaft zusammengeschlossen, die beim Klimaschutz vorangehen wollen.
Die Ampelkoalition ringt seit Wochen um ihren Kurs in Sachen GEG. Noch ist unklar, ob der Bundestag bis zum Sommer die Pläne zur Wärmewende beschließen kann. Das ist längst nicht mehr nur für die unmittelbar betroffenen Branchen, wie die Hersteller von Heizsystemen, ein Ärgernis, sondern beispielsweise auch für Baufinanzierer. Reinhard Klein, Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch Hall, sagte, sein Unternehmen benötige Klarheit und verlässliche politische Regelungen, vor deren Hintergrund „wir unsere Kunden seriös beraten“ können.
Die widersprüchlichen Signale aus Berlin führten dagegen bei den Kunden zu einer abwartenden Haltung, sagte Klein. Die Umstellung auf eine dekarbonisierte Wärmeversorgung sei für die CO2-Neutralität im Gebäudesektor „letztlich alternativlos“. Mittlerweile wird die Zeit knapp. Das Bundeskabinett hat den GEG-Entwurf zwar im April verabschiedet. Der Gesetzentwurf ist aber bislang nicht in den Bundestag eingebracht worden. Das müsste diese Woche geschehen, wenn eine Sondersitzung des Parlaments vor der Sommerpause vermieden werden soll. Der GEG-Entwurf sieht vor, dass neue Heizungen ab 2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden müssen. De facto geht das mit einem Verbot neuer Öl- und Gasheizungen einher.
Insbesondere die Liberalen halten den Gesetzentwurf für zu rigide. Sie wünschen sich größere Technologieoffenheit. Auch um Übergangsfristen, Ausnahmeregelungen und die Höhe der Förderung wird gerungen. Aus Sicht der betroffenen Branchen ist das Hin und Her nicht länger tragbar. „Wir brauchen die GEG-Novelle vor der Sommerpause, um Planungs- und Investitionssicherheit zu haben“, sagte Filip de Graeve, Deutschlandchef von Daikin. Das Unternehmen ist ein weltweit führender Hersteller von Klimaanlagen und Wärmepumpen. „Die Industrie steht bereit für die Gesetzesnovelle des GEG. Die Industrie ist nicht überfordert, sondern in der Lage, die benötigten Anlagenkapazitäten bereitzustellen“, sagte de Graeve.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Wärmepumpenhersteller schon lange vor Beginn der Debatte über das GEG ermuntert, die Produktionskapazitäten massiv auszuweiten. Ab 2024 sollten jährlich mindestens 500.000 neue Wärmepumpen zum Heizen von Häusern installiert werden. Auch die Baubranche fordert klare Verhältnisse. „Die Ampel darf nicht das Tempo aus der Wärmewende nehmen. Wir müssen jetzt auf alle verfügbaren Technologien setzen, um die Wärmeversorgung zu dekarbonisieren“, sagte Jan-Hendrik Goldbeck, geschäftsführender Gesellschafter des Gewerbebauexperten Goldbeck. „Hierfür brauchen wir standardisierte und typisierte Vorgehensweisen.“
In der Bevölkerung sorgt die lange Debatte der Ampelkoalition für Verunsicherung. Das legt eine noch unveröffentlichte Insa-Umfrage nahe, die das Forum für Klima, Energie, Mobilität und Bauen (KEMB) in Auftrag gegeben hat. Demnach bewerteten die Bürgerinnen und Bürger die klimapolitische Debatte im Mai schlechter als im Vormonat. Die Umfrage belegt auch, dass die Akzeptanz für das politisch seit Langem festgeschriebene Ziel, spätestens 2045 keine Heizungen mehr mit Erdgas, Erdöl oder Kohle zu betreiben, gering ist. Die größte Gruppe der Befragten, nämlich 44 Prozent, sagte, sie fänden das Ziel „schlecht“ oder „eher schlecht“. Besonders ausgeprägt ist die ablehnende Haltung mit 72 Prozent unter den AfD-Wählern. Nur 33 Prozent aller Befragten finden das Ziel „gut“ oder „eher gut“. KEMB ist eine noch junge Plattform, die sich in der energie- und klimapolitischen Debatte als Impulsgeber und Denkfabrik etablieren will.
Am Samstag demonstrierten rund 13.000 Menschen in Erding bei München gegen das geplante Heizungsgesetz. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Vize, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern, nutzen ihre Reden für Angriffe gegen die Regierung in Berlin. Söder attackierte vor allem die Grünen. Er sagte, Klimaschutz sei wichtig, aber man müsse ihn gemeinsam mit den Bürgern vorantreiben. Aiwanger sagte, jetzt sei der Punkt erreicht, an dem sich die schweigende große Mehrheit dieses Landes die Demokratie zurückholen müsse. Er forderte den Rücktritt der „Berliner Chaoten“.
Bei der persönlichen Bereitschaft, einen Beitrag zu leisten, waren die Werte widersprüchlich. Bei der Frage nach dem Energiesparen schlug das Pendel mit 55,4 positiv aus. Bei der Frage nach dem Verzicht auf Fleischkonsum aus Klimaschutzgründen ging es mit -28,1 Prozent in die anderen Richtung. Und eine Mehrheit der Befragten ist nicht bereit, mehr Geld für den Klimaschutz auszugeben.
Um die Zustimmung der Bevölkerung zum Klimaschutz zu messen, werden die Werte auch zu seinem Gesamtindex zusammengefasst. Dieser liegt in der ersten Ausgabe bei +0,4, also im neutralen Bereich.
Martin Neumann, Vorsitzender des KEMB-Forums, betonte die große Diskrepanz bei den Ergebnissen zwischen der persönlichen Lage auf der einen und der allgemeinen politischen Stimmung bei der Umsetzung der Energiewende auf der anderen Seite. Mit dem Index will der Thinktank der Politik helfen, für mehr Akzeptanz zu sorgen, denn „gegen die Bevölkerung kann es nur schwer gelingen, die Pariser Klimaschutzziele umzusetzen“, so Neumann.
Wenn sich die Menschen in Deutschland selbst zurücknehmen, aber am Regierungshandeln „nichts gut bewerten können“, bestehe „offenbar akuter Handlungsbedarf“, sagte Insa-Chef Herman Brinkert. Für den Index wurden 2008 Personen online befragt.
Das KEMB-Forum will sich als liberales Gegengewicht zu Denkfabriken wie Agora Energiewende etablieren, die großen Einfluss auf die konkrete Klimaschutzpolitik der Bundesregierung haben. Es gehe um eine „Diskussion ohne Denkverbote“ und um das Ziel, die Energiewende „unideologisch, technologieoffen und marktwirtschaftlich“ voranzutreiben, sagte KEMB-Geschäftsführer Thilo Boss.