Woher kommt das Erdgas für Europa?
Russland zweitwichtigster Lieferant
Von Dr. Horst Tore Land
Das Beratungsunternehmen ICIS hat bemerkenswerte Daten zur europäischen Erdgasversorgung vorgelegt. Diese Daten belegen, dass Russland im Mai 2024 der zweitwichtigste Lieferant für Erdgas war, knapp vor den USA. Die Lieferungen aus Russland kommen teilweise über das noch intakte Pipelinesystem in der Ukraine aber auch über Tankschiffe, die verflüssigtes Erdgas (LNG) in europäische Häfen bringen.
Einige Analysten gehen davon aus, dass Lieferungen aus den USA in den nächsten Monaten wieder ansteigen, ohne jedoch die Lieferungen aus Russland vollständig ersetzen zu können. Damit wird Europa auch im Winter 2024/2025 auf russische Erdgaslieferungen angewiesen sein.
Die im Vergleich zu 2020 deutlich erhöhten Erdgaspreise haben bereits zu einem markanten Nachfragerückgang in Europa geführt, der aktuelle Erdgasverbrach liegt um ca. 20 Prozent unter den langjährigen Durchschnittswerten. Dennoch ist es nicht gelungen, den Bezug von russischem Erdgas vollständig zu beenden.
Der Winter 2024/2025 wird daher von vielen Unsicherheiten geprägt werden. Ein Beispiel ist die Versorgung aus der Ukraine, über die bisher ca. 14 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr geliefert wurden. Die Einstellung dieser Lieferungen aus technischen oder politischen Gründen würde Europe vor große Herausforderungen stellen. Aktuell hat der Markt auf diesen Unsicherheiten nur mit leicht ansteigenden Erdgaspreisen reagiert, die aber immer noch unter dem Preiseniveau der Jahre 2022 und 2023 liegen. Es bleibt nur zu hoffen, dass Europa auch im dritten Winter nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine mit Geschick und Glück diese Herausforderungen bewältigen kann.